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der alte Kirchsteig
von Karnin nach Langen Brütz

LANGEN
BRÜTZ

 
     
 
 
 

 Projektstudie  des Vereins "Das Warnow-Richenberger Land" (Auszug)

 D e r   K i r c h s t e i g    K a r n i n   –   L a n g e n   B r ü t z

Autoren: 

Hans-Peter Pipping

Herbert Remmel

 

   

  

1. Vorbemerkungen

 Zum wirtschafts-, kultur- und sozialgeschichtlichen Inventar unserer Dörfer und Dorfgemarkungen zählen zweifellos auch die lokalen, oft über Jahrhunderte bestehenden Wegverbindungen, von denen jedoch nicht wenige aus der Topographie der Landschaft verschwunden und in der Erinnerung der Menschen bereits verblasst sind. Ein solches Schicksal betrifft hier zu Lande auch die Kirchsteige, die im Leben des Teils der Landbevölkerung eine bedeutende Rolle spielten, der außerhalb der Dörfer wohnte.
Der Verein "Das Warnow-Richenberger Land"e.V. hat sich daher u.a. folgende Ziele gesetzt:

-- Alte Wege zu ermitteln

-- Diese als Wanderwege zum Erleben der alten Kulturlandschaft wieder begehbar zu machen.

Aus diesem Grund legt der Verein eine Projektstudie vor, um Anstoß zu geben, den ehemaligen Kirchsteig zwischen Karnin und Langen Brütz wieder zu beleben. Er ist Teil unserer Kulturlandschaft und historisches Erbe unserer Vorfahren. Ihn wieder erlebbar und in der an Wander- und Spazierwegen eher armen Langen Brützer Gemarkung wieder begehbar zu machen, bedeutet für die Einwohner unserer Gemeinde eine kulturelle Bereicherung ihrer Wohnumwelt. Der Wanderer erlebt einmal die Geschichte, sowie auf der anderen Seite die ihm umgebene Natur, die sich hier in einer reizvollen Flusslandschaft zeigt.

2. Der Kirchsteig - historisches Erbe und Teil unserer Kulturlandschaft

 Der Kirchsteig war ein öffentlicher Weg mit Sammelcharakter: Er diente dem sonntäglichen Gang zur Messe ins zuständige Kirchdorf, auf ihm ging man dorthin zur Trauung, die Hebamme eilte auf ihm zur Gebärenden, das Neugeborene trug man auf ihm zur Taufe. Schüler benutzten den Kirchsteig als Schulweg, um in die meist im Kirchdorf liegende Schule zu gelangen. Und wenn im Dorf der Pipensack blies und die Fidel zum Tanz aufspielte, dann werden auch die Bauersfrau und der Bauer, die Magd und der Knecht diesen Steig als Weg zum weltlichen Vergnügen benutzt haben. Die letzte Wegstrecke dieses irdischen Daseins war allemal die auf dem Kirchsteig, weshalb er nicht selten auch als Leichen- oder Totensteig bezeichnet wurde.

Die herausragende Bedeutung des Kirchsteigs beleuchtet besonders das mittelalterliche und frühneuzeitliche Recht, das im Kirchsteig ein zu schützendes Rechtsgut sah, auf dem uneingeschränkt der Landfriede zu herrschen hatte. Wer auf dem Kirchsteig „frevelte“, wer auf ihm schlug oder Blut vergoss, wer auf ihm Unruhe stiftete und seien es auch nur verbale Attacken, der sollte vom Landrichter gestraft werden an „Leib und Gut" oder dem Kirchherrn „zur Buße verfallen".

 

Die Notwendigkeit von Kirchsteigen ergab sich nach der deutschen Landnahme und der Christianisierung des Slawenlandes im 12. und 13. Jahrhundert aus der Einrichtung der Kirchspiele. Kirchspiele im ehemaligen slawischen Land Silesen waren Retgendorf, Zittow und Pinnow. Die Einwohner der dorthin eingepfarrten Dörfer „traten" dann Kirchsteige, wenn die vorhandenen Wegeverbindungen zu umständlich waren, denn Kirchsteige waren stets Abkürzungen. Mit dem Bau von Filialkirchen in vielen der eingepfarrten Dörfer entfielen ebenso viele Kirchsteige.

Die Entwicklung der Gutswirtschaft in Mecklenburg zu Eigenwirtschaften der Gutsherren
brachte es mit sich, dass aus wirtschaftlichen Gründen Teile der Gutswirtschaft nach außen in die Gutsflur gelegt wurden als Vorwerk, Schäferei oder Meierei. Die dort tätigen Menschen „traten" sich wiederum ihre eigenen Kirchsteige.

Diese Entwicklung der Güter zu Eigenwirtschaften setzte jedoch voraus, dass der Gutsherr seine Gutsflur arrondierte. Eine beliebte Methode zur Erlangung einer einheitlichen Gutsflur war das zwangsweise Legen der dem Gutsherrn hörigen Bauern und/oder die ebenfalls zwangsweise Umsiedelung von Bauernstellen meist an den Rand der Gutsflur.
Mit der Arrondierung der Flur des Gutes Cambs zum Ende des 18. Jahrhundert betraf letzteres auch einige Bauern des Dorfes Canien. Auf einer Karte der Directorial Vermessung von 1774 finden wir noch das völlig intakte Bauerndorf Canien mit etwa sechs Bauernstellen zwischen dem Cambser See und dem Maas See gelegen. Diese Stellen werden nach 1774 gelegt bzw. umgesiedelt in den äußersten südlichen Zipfel des Cambser Gutsareals im Tal der Warnow gegenüber der Richenberger Mühle. Hier lebt der Name des nun zu einem Weiler zusammen geschrumpften Dorf Canien als Karnin weiter.

Die für die Bauern dieser Neuansiedlung zuständige Kirche war die in Langen Brütz. Um dorthin zu gelangen, hätten sie den alten Mühlenweg nehmen können, der westlich aus dem Warnowtal hinausführt und beim Auftreffen auf den Weg Langen Brütz - Kleefeld rechtwinklig nach Langen Brütz führt. Dies hätte jedoch einen erheblichen Umweg bedeutet, der zudem den vornehmlich westlichen Wetterlagen ungeschützt ausgesetzt ist. Folglich „traten" sich die Karniner Bauern einen Kirchsteig entlang des bewaldeten und windgeschützten Uferabfalls der Warnow, gingen entlang des „Brennbuschs" durch den „Wendengrund", vorbei am „Torfmoor" und dem „Mittelbrook" direkt auf die Langen Brützer Kirche zu. Der so „getretene" Kirchsteig wurde wie selbstverständlich allgemein anerkannt und von den betroffenen Grundeigentümern nicht angefochten.

 

3. Die geologischen Verhältnisse im Bereich des Kirchsteiges

 Unsere Landschaften wurden vor vielen tausenden Jahren durch die Eiszeiten geprägt. Gewaltige Gletscher überzogen das Land. Das heutige Relief, das durch die letzte Vereisung, der Weichsel-Kaltzeit, entstand, blieb durch die kurze Zeitspanne zwischen dem Abtauen des Eises und der Ausbreitung der nacheiszeitlichen Vegetationsdecke weitgehend erhalten.
Vor etwa 16000 Jahren zogen sich die über unserer Region liegenden Eismassen in nordöstlicher Richtung zurück. Nördlich der Ortslage Langen Brütz erstreckt sich heute, eine Hochfläche, die vorwiegend aus Sand und Geschiebemergel aufgebaut wird. In diese Hochfläche hat sich der Flusslauf der Warnow bis zu 20 m tief eingeschnitten. Weiter nördlich bei Karnin durchbricht sie den Kritzow - Wendorfer Endmoränenbogen des Außenrandes der Pommerschen Endmoräne, um östlich davon das Holzendorfer Becken zu durchfließen. Die Fließrichtung der Warnow entstand jedoch erst nach dem Ende der Eiszeit durch die Umstellung der hydrologischen Verhältnisse im Holozän. Vorher hatte sich das Schmelzwasser des abtauende Eises in dem Holzendorfer Becken angesammelt, um dann die Endmoräne an einer Schwachstelle zu durchbrechen und nach Süd bis Südwest über das Urstromtal der Elbe in die Nordsee zu fließen. Durch das abfließende Schmelzwasser wurde dadurch die Grundlage des Warnowtals geschaffen, das dann durch den Fluß endgültig gestaltet wurde. Die Warnow war in ihrer Frühzeit nicht mit der heutigen vergleichbar. Sie war ein großer Fluß, der auch große Wassermengen transportierte und so das heutige Tal schuf.

Der größte Teil der Feuchtwiesen wurde 1885 im Bereich des Durchströmmungsmoors tief entwässert, sodaß die heutigen Grünlandflächen zwischen Karnin und Langen Brütz entstehen konnten. Starke Grundwasserabsenkungen führten zu starken Moorsackungen. Die vorhandenen Restmoorlöcher sind mit Moorboden und Torf angefüllt. Übrig geblieben ist in diesem Bereich eine größere Wasserfläche, das sogenannte „Mittelbrook“.

 

4. Beschreibung der alten Wegtrasse

 

Wenn auch in den folgenden Textausführungen auf den alten Trassenverlauf bezug genommen wird, wollen die Autoren der Studie diesen nicht festschreiben. Denn, bedingt durch veränderte Bedingungen z-B. Anlage von Ackerflächen, sollte eine Veränderung der Wegführung möglich sein.

Heute sind nur noch Teile des alten Weges zu erkennen. Aber schon die Namensgebung des neuen Baugebietes an der Kirche und die Ausschilderung der Zufahrtsstraße sind ein deutlicher Hinweis auf den Kirchsteig. Hier an der Kirche endete in der Vergangenheit die direkte Verbindung der Kirchbesucher. Zum besseren Verständnis wird die Wegbeschreibung ausgehend von Langen Brütz in Richtung Karnin vorgenommen.

 
Der erste Streckenabschnitt führt von der Kleefelder Strasse am Rand des Neubaugebietes in nördlicher Richtung, um blind am Ackerrand zu enden.

 

Über das Ackerland verläuft die Trasse quer in nördlicher – nordöstlicher Richtung bis zu der Geländekante, die in das Grünland des Warnowtals überleitet.

 

Das Gelände ist eben und weist keine größeren Höhenunterschiede auf. Der Abfall in das Warnowtal ist sehr markant und beträgt im Durchschnitt 20 m.

Der Weg behält im Tal seine alte Richtung und ist durch Fahrspuren teilweise deutlich zu erkennen.

 

Er führt an einigen alten Moorlöchern vorbei, ehe das Gelände in Richtung zum Waldgebiet des sogenannten „Brennbusch“ wieder ansteigt.

Hier zeigen sich östlich und westlich der Trasse einige bewaldete (meist Kiefern) Sandkuppen. Mit dem „Brennbusch“ wird das eigentliche Naturschutzgebiet „Warnowtal bei Karnin“ erreicht. Das Waldgebiet wird hauptsächlich von Buchen bestimmt.

Der Weg berührt zuerst den „Wendengrund“, eine Talung, die bis an den Rand der im Westen gelegenen Hochfläche im Bereich des dortigen Parkplatzes heranreicht. Der Kirchsteig ist hier am Hang als schwache Hohlform zu erkennen.

 

 

Weiter verläuft der Kirchsteig von hier bis zur Ortslage Karnin direkt an der Warnow entlang. Die Trasse ist zu großen Teilen noch vorhanden, mit einer Schotterung in besonders sumpfigen Lagen.

 

 

Der Teilabschnitt von Langen Brützer Gemarkungsgrenze bis Karnin ist z.T. durch umgestürzte Bäume sowie durch Jungwuchs besonders von Hasel und Weide undeutlich und schwer begehbar.

Das Warnowtal wird hier hauptsächlich von einem Erlen-Eschenuferwald begleitet.

Das Ende des Kirchsteiges bzw. wenn man von seiner ursprünglichen Bedeutung ausgeht, „beginnt“ am letzten Karniner Haus in der Nähe der Warnowbrücke 

Der Wanderer hat von hieraus gute Möglichkeiten, das reizvolle Naturschutzgebiet auf zahlreichen Wegen zu durchwandern. Ihm erschließt sich eine noch ziemlich naturbelassene Landschaft. Sie ist ausgezeichnet durch eine Vielfalt von verschiedenen Landschaftsarten. Neben dem Uferwald findet der Wanderer quellige Feuchtwiesen, Zwischenmoore mit einer reichen Fauna und Flora. Daneben sind offene Hangstandorte als Magerasen und als Kammgrasweiden ausgebildet, unterbrochen von aufgelassenen Kiesgruben mit dichten Hecken- und Gehölzgruppen.
5. Notwendige Maßnahmen

Wenn auch heute der Kirchsteig nur noch in alten Karten ausgewiesen ist und wie beschrieben, nur noch teilweise als Weg in der Landschaft zu erkennen ist, wird er durch die Flurkarte l der Gemarkung Langen Brütz als Weg mit Flurstücknummern belegt.
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Aus den vorgelegten Ausführungen wird ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Wiedereinrichtung des Kirchsteiges als Wanderweg günstig sind.

Für den größten Teil des Weges existieren noch die alten Verkehrsflächen. Damit muss hierfür kein neues Wegerecht geschaffen werden.
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Über die Wegestücke im Naturschutzgebiet sind Gespräche mit dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur, Abt. Naturschutz Schwerin zu führen.

Für den Wegteil im Bereich der Gemeinde Cambs ist mit der dortigen Gemeindevertretung Kontakt aufzunehmen, um sie für das Vorhaben zu gewinnen.

 

Durch die Ausweisung der Wegeflächen als Flurstücke ist eine Neuvermessung nicht notwendig. Um jetzt landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht zu zerschneiden, sollten mit den Eigentümern und Pächtern Gespräche über eine mögliche veränderte Wegeführung geführt werden. Da der Kirchsteig zukünftig als Wanderweg genutzt werden soll, ist eine Aufschotterung nicht notwendig.

Im Naturschutzgebiet sind umgestürzte Bäume zu entfernen und der vorhandene Wildwuchs zu beseitigen (in Abstimmung mit dem Naturschutz).

 

 

 
  weiterführende Links:
-->Der zweite Pribislaw und das Richenberger Schloss (H.Remmel)

-->erste Wanderung entlang des alten Kirchsteigs
 
 

einen herzlicher Dank an den Verein "Warnow-Richenberger Land" für die Zurverfügungstellung des Materials

 
     
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